Eine Kubanerin in Deutschland
Daylene Rodriguez Moreno arbeitet als Fotografin und studiert derzeit Bildende Kunst an der Fakultät des Instituto Superior de Arte in Havanna. Das Visual Story Telling ist dabei eines ihrer Studienschwerpunkte.
Ich habe Daylene 2019 in Havanna kennengelernt, eher zufällig, weil wir am gleichen Tag eine Aufführung im Ballet Nacional de Cuba fotografiert haben und uns dabei gleich für einen der folgenden Tage in ihrem Atelier und zu einer fotografischen Exkursion durch das morgendliche Havanna verabredet haben. Mit dabei: meine Rolleiflex, durch die wir dabei abwechselnd einen Film gezogen haben-
Unsere fotografischen Ideen und Arbeitsweisen haben viele Gemeinsamkeiten, daher ist es irgendwie nicht verwunderlich, dass wir uns nach 4 Jahren in Deutschland treffen und uns wieder fotografisch mit Streetfotografie und Ballett auseinandersetzen werden. Daylene wurde anlässlich der Preisverleihung und Ausstellung ihrer Arbeiten von der Michael Horbach Stiftung nach Köln eingeladen. Mit einer kubanischen Fotografin in Köln zu fotografieren, ist für mich ein kleiner, aber sehr willkommener Ersatz für eine Fototour durch Havanna, nach der ich mich so sehr sehne.
Während ihres Studiums an der Kunsthochschule in Havanna hat sie sich auch intensiv mit dem Thema Storytelling beschäftigt, und ich bin ganz begeistert, dass sie mit mir in Köln einen Workshop zu diesem Thema anbietet.
Auf dem Bild hier ist sie, wenn auch versteckt, zu sehen. Es handelt sich um ein Plakat für eine ihrer Ausstellungen in der Fabrica de Arte Cubano.
Daylene Rodriguez Moreno
Meine Herangehensweise an die fotografische Erzählung
In meiner Arbeit versuche ich, über das Schicksal des heutigen Menschen nachzudenken, der mit Einsamkeit und mangelnder Kommunikation konfrontiert ist. Dabei schaffe ich keine spezifischen Umgebungen; mein Fokus liegt darauf, eine Szene darzustellen, die in die sie umgebenden Umstände eingebettet ist. Durch zahlreiche fotografische Übungen habe ich versucht, den unaufhaltsamen Lauf der Zeit in den Dingen zu verdeutlichen – seien es Menschen, Tiere, Gebäude, Straßen oder Städte. Alle sind in meinen Ansichten miteinander verwoben.
Meine Vorliebe für Schwarz-Weiß-Fotografie, gepaart mit einem Hauch von Stagnation in den Motiven, verleiht meinen Charakteren den Eindruck, als wären sie in der Zeit erstarrt. Obwohl meine Charaktere zweifellos zeitgemäß sind, haftet ihnen eine Spur von Unwirklichkeit an. Ich interessiere mich dafür, Geschichten mit Bildern zu erzählen, und nutze grafische Ressourcen, um eine dokumentarische Erzählung der Gesellschaft und des heutigen Menschen zu schaffen.
Ich wähle die Fotografie als Medium, um Geschichten zu erzählen, da sie auf eine nahe, direkte und intime Weise den Menschen und seine Emotionen sowie verschiedene Alltagssituationen, Sehnsüchte, Nostalgie und Frustrationen widerspiegelt. Die Fotografie ist ein sehr reflektiertes Mittel, das es mir ermöglicht, mich in die Welt meiner Charaktere und die Räume, in die mich die Bilder führen, hineinzuversetzen und einzutauchen. Sie ermöglicht mir eine direktere Verbindung zum Kontext und ist von großer Relevanz für meine kreativen Prozesse.
Um eine bewegende Geschichte zu erzählen, müssen wir eine Figur, eine Umgebung oder einen Konflikt finden und ihnen durch eine gelungene Komposition eine Form verleihen, die unserer persönlichen Art entspricht, sie darzustellen. Wir müssen einen Sinn aufbauen, die Struktur einer Geschichte kreieren – es handelt sich um eine visuelle Sprache, die wir nicht mit Worten erklären möchten. Wir wollen dem Prinzip gerecht werden, dass ein Bild mehr aussagt als tausend Worte.
Die Arbeiten von Daylene sind auch in der aktuellen Ausgabe der Fine Art Photo zu sehen: