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Eine fotografische Reportage in Heidelberg

Die Plöck

Bis ins 14. Jahrhundert war die Plöck ein Feldweg, sie führte als Verbindungsstraße an Äckern vorbei von Bergheim zur Peterskirche. Ab 1392 lebten dort aus Bergheim zwangsumgesiedelte Bauern, die bis ins 20. Jahrhundert blieben. Parallel zur Plöck verläuft die  Hauptstrasse, in der sich eher der Adel und später vornehme Geschäfte angesiedelt haben. Die Hauptstraße war also lange chic, die Plöck eher unscheinbar. Heute ist das etwas anders. Die Hauptstraße kennen wir alle als Fußgängerzone, in der sich die Läden der bekannten Ketten aneinanderreihen. In der Plöck nur wenige Meter weiter finden sich noch viele kleine liebevoll geführte Läden. Einer davon ist der Zuckerladen in der Plöck 52. Auch eine Adresse mit Geschichte: Hier haben im 19. Jahrhundert Studenten verbotene Literatur in der “Russischen Lesehalle” gelesen. Die Plöck ist nicht so voll, wie die Hauptstraße, dafür aber viel bunter und lebendiger. Ich stehe dazu: ich bin Fan! Übrigens auch, weil es eine Fahrradstraße ist.  

Der Zuckerladen 

Ganz viel ist von diesem Charme im Heidelberger Zuckerladen zu spüren. Alles ist irgendwie anders als in anderen Läden, vor allem viel herzlicher. Und entschleunigter. Egal wie lang die Schlange draußen ist, du wirst auf jeden fall in Ruhe beraten, kannst schnacken und bei einem Spiel mit Jürgen vielleicht sogar etwas gewinnen. Ziemlich sicher sogar. 

Jurgen und Marion wollen nach fast 40 Jahren ihren Zuckerladen in neue Hände geben. Da hat mich wie viele andere auch erst einmal sehr traurig gemacht. Ich habe die beiden dann auch gefragt, ob ich eine Reportage über sie und ihren Laden fotografieren darf. Glücklicherweise waren sie nach einem Vorgespräch damit einverstanden und habe hier ein paar Bilder für Euch. 

Vielleicht klingt es etwas pathetisch, aber wo bitte ist die Seele Heidelbergs, wenn nicht in der Plöck? Und der Zuckerladen ist sicher auch viel mehr, als nur ein bekanntes Aushängeschild der Plöck und der Altstadt von Heidelberg. Das liegt vor allem an Marion und Jürgen, die den Laden mit so viel Herzblut betreiben.   

Street Fotografie inspiriert von Eugène Atmet

Ich habe mich bei meiner Reportage von Eugène Atget inspirieren lassen. Atget ist mit Heinrich Zille, der mehr als Zeichner bekannt ist, einer der ersten Fotografen, der die Straße und das Leben darin zu seinem Sujet gemacht hat. Zille hatte das alte Berlin fotografiert, Atget das Vieux Paris. 

Klassische Street Fotografie, spontane Momente, Menschen im Kontext ihres Lebensraums bei ganz alltäglichen Situationen fotografieren und dabei Geschichten erzählen. Story Telling und Street Fotografie in ihrer ursprünglichsten Form, ganz ruhig und unaufgeregt. 

 

Die Reportage

Mit viel Demut habe ich mich dann also einen Tag lang getraut die beiden und ihre Kund:Innen mit meinen Kameras zu begleiten. Ich habe teilweise mit meiner alten Mamiya aber auch mit meinem workhorse, der Fuji fotografiert. 

Mir war  Ich hab mich zum Beispiel mit allen Leuten im Laden unterhalten und sie dann manchmal gefragt, ob ich sie fotografieren darf. Viele waren einverstanden, aber es gab auch Absagen. Auch das ist ok und Teil des Prozesses finde ich. Und um die Portraitierten und die Betrachter zusammenzubringen ist Nähe wichtig. Ich fotografiere fast nur mit dem 23mm Objektiv von Fuji (das sind 35mm im Kleinbildformat). Es bietet mit f/1.4 sehr viel Lichtstärke, zwingt mich aber auch nahe an die Personen ran zu gehen. Und dann ist es gut, wenn man ich im Gespräch etwas näher gekommen ist. Trotzdem – oder gerade deswegen können Schnappschüsse von typischen Situationen im Laden entstehen. Irgendwann war ich nicht mehr der Fotograf, der das Geschehen von aussen betrachtet und fotografiert, sondern ein Teil, der trotz Kamera keine große Aufmerksamkeit mehr geschenkt bekommt. Dann bin ich meistens schnell am Ziel…   

Die so entstandene Serie mit Portraits des Ladens und der Menschen darin nimmt euch hoffentlich ein wenig mit in einen wirklich liebenswerten Teil  Heidelbergs und zu den wunderbaren Menschen im Zuckerladen. Einen Teil zeige ich euch hier, mehr dann im Rahmen der Gemeinschaftsausstellung “neuinterpretiert” bei Lichtwert e.V. in Karlsruhe.   

Danke!

Ein herzliches Danke an Marion und Jürgen, dass ihr mich in euren Laden gelassen habt und für die tolle Mischung aus Lakritz und sauren Leckereien, ich brauche dringend Nachschub! Hoffentlich findet ihr tolle Nachfolger, damit der Zuckerladen noch lange zeigt, was die Seele der Plöck ist. 

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