Ein Besuch bei Camilo Guevara

Camilo Guevara, der Sohn von Ernesto Che Guevara, arbeitet im Centro de Estudios Che Guevara. In seinem Elternhaus gegenüber dem Centro auf der anderen Strassenseite habe ich ihn besucht, mit ihm gesprochen und dabei ein paar Bilder machen können.

Che Guevara wurde nur 39 Jahre alt. Am Sonntag, den 9. Oktober 1967 um zehn nach eins am Nachmittag wurde Ernesto Guevara in Bolivien ermordet. Kurz vorher wurde er im Kampf mit der bolivianischen Armee angeschossen und musste sich ergeben. Präsident Barrientos fürchtete aber einen öffentlichen Prozess und ließ den Comandante Che Guevara erschießen. 

8 Jahre zuvor hatte El Che mit seinen Guerilleros das Unwahrscheinlich geschafft und auf Kuba die Armee von Batista besiegt. Batista selbst ist damals in die USA geflohen. 

Camilo Guevara war gerade 5 Jahre alt, als sein Vater starb. 

52 Jahre später treffe ich ihn in seinem seinem Elternhaus, einer schönen, alten Villa mit einem bewachsenen Innenhof und Flachdach in Miramar, einem ruhigen und grünen Vorort von Havanna. Das Haus habe ich mir größer und luxuriöser vorgestellt. Die Räume waren eher bescheiden, minimalistisch und funktional eingerichtet. Wegen der Ruhe, die alles ausstrahlte fühlte ich mich sofort wohl.

Ich war sehr ehrfürchtig und habe von dem Haus leider nicht viel fotografiert, hätte ich gefragt, hätte mir Camilo wahrscheinlich die Erlaubnis gegeben. Im Nachhinein hat mich das schon geärgert.

Camilo ist selbst ein begeisterter Fotograf, irgendwie kein Wunder. Sein Vater war es ja auch. Und so durfte ich ihn während des Gesprächs fotografieren. Neben meiner digitalen Fuji als auch ein alte Minolta dabei hatte, mit der ich ein paar analoge Portraits von ihm gemacht hatte. Und weil Camilo sich für meine X-T3 interessierte, bat er mich sie ihm zu zeigen und machte dann das Portrait von mir. 

Camilo Guevara und Friedhelm, genannt Fidel

Irgendwie schon komisch, ich fliege als Tourist Fotograf für 3 Wochen nach Kuba und plötzlich sitze ich vor Camilo. Gewartet hat er ja eher nicht auf mich.

Zu verdanken habe ich das Dr. phil. Friedhelm Böcker, den ich mit seiner Frau vor dem Check in zu unserm Flug nach Havanna kennengelernt hatte. Auf Kuba nennen sie ihn Fidel und ich weiss jetzt auch warum.
Friedhelm kannte Camillo schon länger und hatte ihm einen Freundschaftsbesuch abgestattet. Die beiden haben mögliche neue Projekte gesprochen, die von der Kubahilfe Dortmund mit unterstützt werden können. Ein Beispiel, das Camillo vorgeschlagen hatte, waren Solaranlagen für Schulen, mit denen die Schüler experimentieren und an das auch in Kuba wichtige Thema heran gebracht werden können.

Ich durfte das Gespräch fotografieren und hatte auch Teile des Interviews in Video-Sequenzen aufgenommen. Für mich war vor allem Camilo als Mensch interessant und mich hat er sehr gefesselt. Äußerlich seinem Vater ziemlich ähnlich kam er für mich trotzdem ganz anders als der Comandante Che herüber. Camilo ist ein ruhiger, sachlicher, lässiger, warmer und freundlicher Gesprächspartner der sich für uns interessiert hat. 

Gegen Ende des Gesprächs hatte er uns dann auch in seinem Arbeitszimmer noch Bilder von Che und einer Mailänder Ausstellung, an der er mitgewirkt hatte, gezeigt. Ich konnte mich aber nur mit einem Auge darauf konzentrieren und hatte ständig das Gefühl, ich müsse mich jetzt kneifen. Einfach um aus dem Traum, ich sei hier mit Camilo Guevara in seinem Büro und bekomme Geschichte von seinem Vater erzählt, aufzuwachen.

Danke, Fidel, dass ich bei deinem Besuch bei Camilo dabei sein durfte!
Und Danke an unseren Dolmetscher Herman †, deine fröhliche Art bleibt mir auch in Erinnerung. 

Camilo Guevara, der Sohn von Ernesto Che Guevara arbeitet im Centro de Estudios Che Guevara. In seinem Elternhaus auf der anderen Strassenseite habe ich ihn besucht.
Herman †, Camilo † und Friedhelm im Arbeitszimmer von Camilo

Ein sehr trauriger Anlass lässt mich den Artikel aktualisieren.
Camilo Guevara ist am 29.8.2022 in Caracas gestorben.

Auch wenn ich nur vielleicht 2 Stunden mit ihm verbringen konnte, der Moment, der Ort und seine Worte haben sich tief in mein Herz und mein Gedächtnis eingegraben. Camilo erschien mir als ein sehr bescheidenerer aber auch sehr lustiger, engagierter, idealistischer und solidarischer Mensch mit einer sehr starken und sehr angenehm warmen Ausstrahlung.

In dem Gespräch erzählte er von einem großen Anliegen, nämlich den Schülern in den Dörfern Cubas die Vorteile erneuerbarer Energien altersgerecht und mit praktischen Beispielen zu erklären. Ich hoffe das Projekt wird in seinem Sinne vollendet werden können.

Camilo ist viel zu früh von uns gegangen! Ich empfand die kurze gemeinsame Zeit als äußerst bereichernd und ich bin sicher es ging ganz vielen Menschen auch so. Meine Gedanken sind bei ihnen und seiner Familie!

    

13 Antworten

    1. Hallo Fidel, schön von dir zu hören!

      Ich hoffe es geht Euch gut!
      Wann geht es wieder nach Cuba!

      Liebe Grüße Dietmar

    2. …. es war eine interessante Begegnung und ich habe Dietmar gern zu dem Gespräch mit genommen und es kamen gute Fotos dabei heraus. Jetzt bereiten wir eine Ausstellung vor und mitten drin Camilo Guevara. Mehr über uns auf unserer Seite:www.cuba-dortmund.de
      Dietmar, in Freundschaft, friedhelm ( Fidel )

    3. Ja, in der Tat, ich erinnere mich oft und sehr, sehr gerne an die Zeit zurück!
      Und wenn die die Ausstellung 8001 ein Kind dieses Treffens geworden ist, dann ist es gut geraten, gell?

      Muchos Saludos de Heidelberg!

  1. Miramar ist kein Vorort, sondern ein Stadtteil von Havanna (gehört administrativ zum Stadtbezirk (Municipio) Playa).
    Neben dieser kleinen, formalen Korrektur ist mir aber mehr daran gelegen, meiner – gelinde gesagt – Verwunderung Ausdruck zu verleihen, wie im „(Kuba)revolutionsromantischen“ Westen all dieser Mythos – Che, Fidel, Kubanische Revolution etc. – so vorbehaltlos, unkritisch bis in heutige Zeiten aufrechterhalten wird. Ich kannte einen Kubaner, der Che durch Arbeitskontexte auch direkt kannte und mir anderes, durchaus Fragwürdiges erzählte. Aber auch ohne einen solchen persönlichen, direkten Kontakt ist es längst leicht, sich ein differenzierteres Bild von dieser „Figur“ und der ganzen mit ihm verknüpften, zu hinterfragenden Geschichte zu machen. Nur mal 1 Beispiel: https://www.deutschlandfunk.de/50-todestag-che-guevara-was-vom-mythos-uebrig-blieb-100.html
    Und klar, Insititutionen wie CUBA SÍ, CUBA-HILFE-DORTMUND und wie sie alle heißen, die sicher auch nicht zu verachtende praktische Kuba-Hilfe leisten, blenden allesamt mit einer schon „beeindruckenden“ Konsequenz all das Brüchige des (sogenannten) Sozialismus aus: Dass in Kuba systematisch Menschenrechte verletzt werden (was man mit oder ohne Embargo „hinkriegt“), dass somit längst die einstigen HUMANITÄREN Werte der Revolution verraten sind, das kann man in jedem Amnisty-International-Report nachlesen .
    Bin heute per Zufall auf Ihre Seite gestoßen, in Zusammenhang mit dem Ableben von Camilo Guevara, von dem partout nicht herauszufinden ist, wo (in Argentinien) er eigentlich geboren wurde, seit wann er in Kuba lebte etc.

    1. Yerba Buena ist die Minze im Mojito. Ich weiss nicht, wie ich Sie ansprechen soll.

      Danke für die Korrektur zum Vorort oder besser Stadtteil Miramar.

      Ich halte mich nicht für unkritisch, finde nicht alles was die Revolution nach Cuba gebracht hat, toll, denke aber, sie war das beste, was dem Land passieren konnte.

      Cuba hat wenige Ressourcen und eine solidarisch handelnde Regierung, die Fehler macht, aber auch dafür gesorgt hat, dass die Menschen in Würde und nicht in dem Elend leben müssen, dass auf den benachbarten Inseln leider weit verbreitet ist. Nur wer nichts macht, macht keine Fehler!

  2. Ja, klar – und schon zensiert. Haargenau SO funktioniert auch die „Redefreiheit“ in Kuba selber. Danke für dieses aussagekräfiges „Outing“!

    1. Ich habe die automatische Freischaltung von Kommentaren deaktiviert, weil es viele Bots gibt, die sonst ungehindert Werbung in den Kommentaren platzieren.
      Mir ist hier jede Meinung recht. Ich würde nicht einmal einen Kommentar von einem verbitterten Exil-Kubaner in Florida unterdrücken, der selbst dem letzten Volldepp seine Stimme bei einer Wahl gibt, solange der sich nur als ordentlich rechten Antikommunisten darstellt und alle Andersdenkende am liebsten in die Hölle schiessen würde.

  3. Hola Dietmar,
    war zwischenzeitlich wieder in Havanna, habe das Institut Che Guevara besucht und mich mit seiner Frau Aleida getroffen. Nebenher konnte ich sein Auto und Motorrad
    ( ein gleiches Modell ) eine Norton fotografieren. Die Begegnung mit Aleida war für mich und unsere Arbeit eine besondere Auszeichnung.
    Ich freue mich wenn wir in Kürze unsere Ausstellung 8000 und eins fortsetzen können und wir uns begegnen. Geplant ist die Ausstellung MAI/JUNI in Kamen, am 17. und 18. JUNI in Auszügen in Leverkusen beim Jahrestreffen des Netzwerk Cuba. In Freundschaft, friedhelm

  4. ich habe Aleida und Camillo bei einem Besuch in München und Köln fotografiert und gesprochen. Wer sich über das Leben des Che informieren will, es gibt eine herausragende Biografie von Jon Lee Anderson. Auf diesem Buch basiert auch der Film von Steven Sonderbergh. Anstatt Phrasen aus Miami und dürftiges Halbwissen aus reaktionären Kreisen nachzuplappern (Yerba Buena), lesen hilft. Ansonsten sollte der Satz von Jean Paul Satre über Che im Gedächtnis bleiben: „the most complete human being of our time“

    1. Man muss nicht aus der (toxischen) Miami-Fraktion sein (und/oder anderen, von Ihnen „reaktionär“ genannten Kreisen angehören), um eine kritische Position zu Che zu haben. Sie scheinen mich zu kennen (oder besser gesagt: NICHT zu kennen), da Sie mir – noch dazu in Ihrem Oberlehrer-Chauvinisten-Ton – Nicht-Lesen unterstellen. Wegen Pappenheimern wie Ihnen – für meinen Geschmack und mein Verständnis WAHRLICH REAKTIONÄR und nicht open minded – gingen und gehen doppelmoralische, bigotte und ja ebenfalls WAHRLICH REAKTIONÄRE und MORALISCH DEKADENTE Staaten wie die DDR unter (und Kuba ja womöglich auch bald – ich wünsche – wie auch immer – dem Land, .d.h. ZUMINDEST SEINEM VOLK das Allerbeste. Und dies deckt sich nicht mit dem, was die besagte Miami-Fraktion wünscht.. .- eh Sie wieder auf falsche Gedanken kommen..).
      P.S. Und soso.. die Kinder leben also im „kapitalistisch-dekadenten“ Westen, in München… Passt ja so gar nicht zu Ihrer und eurer Kommunismus-/Revoluitonsmähr… :-/..

      1. Herr/Frau Minze: Das ist jetzt wirklich der letzte Post, den ich so freigebe.
        Nichts gegründete Meinungungen von Personen, die sich zu erkennen geben, wie auch immer sie mit meiner Meinung übereinstimmen oder sich von ihr unterscheiden.

        Sich hinter einem Pseudonym verstecken und dann einfach unreflektiert und inhaltsleer daher trollen und dabei andere Leute beschimpfen, das mag ich hier nicht sehen.
        Wen interessiert die Meinung einer unbekannten Person? Egal ob sie eine gute oder schlechte Meinung von Ché hat.
        Anonym rum motzen und beleidigen, dafür gibt es doch schon facebook.

        Trotz allem: Wir haben etwas gemeinsam: Wir wünschen Cuba und seinen Menschen das Allerbeste.

        Viva la revolución

        P.S.
        Soll vorkommen, dass Menschen reisen. Auch Kinder von Revolutionären.
        Und nur weil die Kinder von Ché mal in München waren, leb(t)en sie da doch nicht.
        Ich war auch mal in der DDR und ich war auch mal in Miami und ich lebe übrigens in (oder zum genau zu sein bei) Heidelberg.
        Einen schönen Gruß von dort!

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